Zürcher Verkehrsverbund: Anteil Vertriebskanäle, Transaktionskosten und Anzahl verkaufte Tickets22.09.2024
Der Zürcher Verkehrsverbund (ZVV) hat in seinen Geschäfts- und Strategieberichten der vergangenen Jahre jeweils für die verschiedenen Vertriebskanäle deren Anteil an der Anzahl verkaufter Fahrausweise und die Vertriebskosten publiziert. Ebenso finden sich in diesen Berichten Angaben zur Herkunft der Einnahmen (ZVV/Z-Pass-Tickets versus Einnahmen aus Direktem Verkehr/GA-/Halbtax-Tarif). Nachfolgend eine Übersicht der Entwicklung von 2016 bis 2023.
2016
2016 hat der ZVV über seine eigenen Kanäle 49.64 Mio. Fahrausweise ausgegeben. Erstmals lag 2016 der Anteil verkaufter Fahrausweise beim E-Ticketing höher als an den bedienten Schaltern. Innerhalb eines Jahres stieg die Zahl der erworbenen E-Tickets von 5.87 Mio. (2015) auf 8.24 Mio. (2016). Anzahlmässig wurden jedoch weiterhin und mit grossem Abstand am meisten Fahrscheine über die Automaten verkauft (62.7 %).
2017
2017 hat der ZVV über seine eigenen Kanäle 51.99 Mio. Fahrausweise ausgegeben. Die Anzahl E-Tickets hat nochmals stark zugelegt: 11.23 Mio. wurden über diesen Verkaufskanal abgesetzt, was einer Zunahme um 2.99 Mio. innert Jahresfrist entspricht. Auch Prozentual ist der Anteil der E-Tickets stark gestiegen: Um 5.0 Prozentpunkte auf 21.6 %. Über die Automaten wurden weiterhin sowohl prozentual als auch absolut am meisten Fahrscheine verkauft. Der Anteil ist jedoch zum dritten Mal in Folge rückläufig und liegt 2017 um 8.0 Prozentpunkte unter dem Wert von 2014. Auch in absoluten Zahlen wurden 2017 rund 400'000 Fahrausweise weniger an den Automaten verkauft als noch 2016, dies bei insgesamt steigender Zahl verkaufter Fahrausweise.
2018
2018 hat der ZVV über seine eigenen Kanäle 53.75 Mio. Fahrausweise ausgegeben. Die Anzahl E-Tickets hat nochmals stark um 5.6 Prozentpunkte zugelegt und erstmals einen Anteil von über einem Viertel erreicht. Unter die E-Tickets fallen auch die Check-in-Check-out-Tickets, die auf dem System von lezzgo-basieren: Dabei wird das Ein- und das Aussteigen aus einem öffentlichen Verkehrsmittel am Mobiltelefon bestätigt und das lezzgo-System bestimmt dann den optimalen Fahrausweis für alle an einem Tag unternommenen Fahrten. lezzgo ist im ZVV seit April 2018 im Testbetrieb und der Markttest soll bis Ende 2019 laufen. Die E-Tickets sind der einzige Verkaufskanal der anteilmässig noch wächst. Bei den Automatentickets reicht die Zunahme der Reisenden gerade noch, damit der Rückgang der Anzahl verkaufter Fahrausweise in absoluten Zahlen nur gering ist. So wurden z.B. 2015 noch weniger Tickets über Automaten verkauft als jetzt 2018 - obwohl der Anteil des Verkaufskanals um 8.3 Prozentpunkte abgenommen hat.
2019
2019 hat der ZVV über seine eigenen Kanäle 57.91 Mio. Fahrausweise ausgegeben. Die E-tickets haben erneut sehr stark zugelegt und sind jetzt der einzige Vertriebskanal der sowohl prozentual (10.1 Prozentpunkte) als auch absolut (rund 7 Mio. zusätzliche Tickets im Vergleich zum Vorjahr) noch zulegt. Über die Ticketautomaten wurden 2019 2 Mio. Tickets weniger als noch im Vorjahr verkauft. Auch innerhalb der E-Tickets ist ein klarer Trend erkennbar: Zum Jahresende 2019 war bereits ein Viertel (25.4 %) der E-Tickets Check-in-Tickets. Bei diesen Tickets genügt es, sich beim Einsteigen in ein Verkehrsmittel über die App anzumelden und beim Aussteigen wieder abzumelden. Am Ende des Tages wird dann aus all den ausgeführten Fahrten das für den Reisenden optimale Ticket verrechnet. Check-in-Tickets wurden 2018 vorerst testweise eingeführt, die breite Akzeptanz hat diese Art des Fahrausweiserwerbs zum Standard-Angebot gemacht.
2020
2020 hat die Corona-Pandemie ihre Spuren hinterlassen: Der ZVV hat über seine eigenen Kanäle mit noch 37.32 Mio. rund 20 Mio. weniger Fahrausweise als im Vorjahr ausgegeben. In absoluten Zahlen haben alle Verkaufskanäle Einbussen erlitten. Bezogen auf den relativen Anteil hat aber das Wachstum beim Vertriebskanal "E-Ticket" nochmals zugenommen und 11.2 Prozentpunkte erreicht. Dies dürfte sicherlich auch teilweise auf das Gebot zur Kontaktvermeidung zurückzuführen sein. Damit wurden erstmals mehr Fahrkarten als E-Ticket ausgegeben als über Automaten verkauft. Da von März bis September 2020 infolge der Corona-Massnahmen keine Fahrkarten von den Chauffeuren verkauft wurden ist es nicht erstaunlich, dass der Anteil dieses Verkaufskanals innert Jahresfrist 60 % seines Anteils eingebüsst hat.
2021
Auch 2021 zeigen sich weiterhin Auswirkungen der Corona-Pandemie. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl verkaufter Fahrausweise zwar um 9.5 Mio. angestiegen. Damit liegt die Zahl verkaufter Fahrausweise etwa in der Mitte zwischen dem Rekordwert 2019 (57.9 Mio.) und dem letztjährigen Einbruch (37.3 Mio.), der öV wird jedoch weiterhin weniger genutzt als vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Der Anstieg erfolgte praktisch ausschliesslich über die E-Tickets, die in absoluten Zahlen gegenüber dem Vorjahr um 9.3 Mio. zunahmen. Auf tiefem Niveau hat auch der Verkauf über die Chauffeure um 50 % gegenüber dem Vorjahr zugenommen (+0.5 Mio. Fahrausweise). Nachdem letztes Jahr die E-Tickets erstmals den Verkaufskanal Automaten überholt haben, sind jetzt bereits deutlich mehr als die Hälfte aller Fahrausweise E-Tickets (58.5 %). Vier Jahre zuvor, wiesen noch die Automaten mit 59.1 % einen ähnlich hohen Anteil auf - 2021 ist der Anteil Fahrausweise aus Automaten aber bereits auf unter 35 % gefallen.
2022
Das Jahr 2022 hat im Verkauf der Fahrausweise zwei auffällige Veränderungen gegenüber dem Vorjahr hervorgebracht: In absoluten Zahlen wurden 2022 63.2 Mio. Fahrausweise verkauft. Dies ist ein Plus von 16.4 Mio. (+35 %!) gegenüber dem Vorjahr, es ist aber auch deutlich mehr als beim bisherigen Rekord im Jahr 2019 (57.9 Mio) und damit vor der Corona-Zeit. Hauptursache dürfte dabei der Trend bei den E-Tickets sein: Allein bei den E-Tickets stieg die Anzahl Tickets um mehr als 13 Mio. (siehe auch Abbildung 9). Dies dürfte darauf zurück zu führen sein, dass wegen weiterhin verstärkter Home-Office-Arbeit Abonnemente weniger gefragt sind und andererseits ist der mobile Erwerb von E-Tickets nochmals viel einfacher geworden (z.B. mit einfachen Ein-/Auschecken-Funktionen). Der Anstieg bei den E-Tickets ist dabei anteilsmässig praktisch vollständig auf Kosten der Automaten gegangen: In Selbstbedienung beträgt der Anteil der Automaten mittlerweile weniger als einen Drittel (31 %), dies nachdem die E-Tickets erst 2020 die Automaten erstmals überholt hatten. In absoluten Zahlen wurden aber auch an den Automaten etwas mehr Tickets verkauft als im Vorjahr.
2023
Der generelle Trend, dass die E-Tickets vor allem die an Ticketautomaten gelösten Billette ablösen, ist auch 2023 weitergegangen. Der Rückgang war beim Verkauf über Ticketautomaten im Vergleich zum Vorjahr auch in absoluten Zahlen aufgetreten (von 18.2 Mio. auf 17.5 Mio. Billette). In absoluten Zahlen hat sich die Anzahl über Automaten verkaufter Tickets innerhalb von 9 Jahren vom Maximum von 33.9 Mio. Tickets (2014) daher fast halbiert.
Der Anteil der Billette, welcher vom Fahrpersonal der Regionalbus-Linien verkauft wurden, ist auf 2.4 Mio. gefallen und liegt damit noch tiefer als im von Corona geprägten 2020. In absoluten Zahlen wurden noch 1.70 Mio. Billette über diesen Kanal verkauft. 2024 werden es noch weniger sein. Hat der ZVV doch beschlossen und der Kantonsrat vor zwei Jahren zugestimmt, den Verkauf über diesen Kanal zum Fahrplanwechsel 2024 einzustellen. Auf einzelnen Linien wurde der Billettverkauf durch das Fahrpersonal bereits per 9. September 2024 eingestellt.
Entwicklung Anzahl verkaufter E-Tickets
2023 wurde wiederum ein neuer Rekord bei der Anzahl verkaufter E-Tickets registriert. Der Anstieg ist 2023 nicht mehr ganz so gross wie im Jahr zuvor (+8.3 Mio. versus +13.3 Mio.), damals wurde aber mit der simplen Ein-/Auschecken-Funktion der mobile Erwerb von E-Tickets wesentlich vereinfacht. 49.01 Mio. E-Tickets im Jahr 2023 bedeuten aber auch, dass über diesen Kanal im Schnitt über das ganze Jahr 1.55 Tickets pro Sekunde abgesetzt werden!
Anzahl verkaufte Tickets wächst schneller als die Zahl der Reisenden
In den letzten Jahren hat sich ein Trend ergeben, dass die Zahl der verkauften Tickets schneller wächst als die Zahl der in die Verkehrsmittel des ZVV einsteigenden Personen. In den Jahren 2013 bis 2020 lag das Verhältnis der Anzahl verkaufter Tickets zur Anzahl einsteigenden Personen im Bereich um 0.08. Seither liegt das Verhältnis über 0.10. Das ist ein Indiz für eine Tendenz zu Einzelbilletten. Es könnte aber auch einfach mit den neuen Angeboten resp. der Zählweise von Tickets zusammenhängen. Wenn jemand von einem Zonenabonnement auf ein flexibleres Halbtax PLUS umsteigt, so führt das zu einer grösseren Zahl von Tickets, die verkauft werden, ohne das die Zahl der Einstiege entsprechend ansteigen muss. Es stellt sich auch die Frage der Zählweise im Zusammenhang mit den optimierten Preisen bei Nutzung der Check-In-Check-out-Funktion: Wer an einem Tag dreimal in der gleichen Zone fährt, "löst" bei den beiden ersten Fahrten je ein Einzelbillett. Beim dritten Mal wird nicht erneut der Preis eines Einzeltickets verrechnet, stattdessen wechselt der Tickettyp auf Tageskarte für die entsprechende Zone (weil die Tageskarte gleichviel wie zwei Einzelfahrten kostet). Sind das jetzt drei (drei Mal Check-In-Check-Out genutzt) oder zwei (zwei Einzelbillette gelöst, die 3. Fahrt war "gratis") oder nur ein Ticket (weil schlussendlich eine Tageskarte verrechnet wird)?
Vertriebskosten
Interessant sind auch ergänzende Zahlen aus den Strategieberichten 2020-2023 resp. 2024-2027. In diesen Berichten sind die Transaktionskosten pro Fahrausweis für die fünf ZVV-Vertriebskanäle E-Ticketing, Ticketautomaten, Chauffeur, Contact Center und bediente Schalter vor Ort ausgewiesen. Dabei wurden jedoch die Kosten für die Basissysteme und für Provisionen nicht berücksichtigt. Die Kosten im Jahr 2016 variieren dabei von CHF 0.2 pro Fahrausweis beim E-Ticketing bis CHF 5.2 beim bedienten Verkauf vor Ort, im Jahr 2019 liegt die Spanne zwischen CHF 0.7 und CHF 6.4.
Selbstverständlich muss bei der Interpretation dieser Zahlen berücksichtigt werden, dass die verschiedenen Sorten von Fahrausweisen nicht gleichmässig über alle Vertriebskanäle abgesetzt werden und der Umsatz dementsprechend auch nicht proportional zur Anzahl verkaufter Fahrausweise ist. 2016 betrugen die Transaktionskosten (berechnet aus den obigen Vertriebskosten pro Ticket und der absoluten Anzahl verkaufter Tickets pro Verkaufskanal) für den Verkauf über Automaten CHF 28.0 Mio., was knapp weniger als für die bedienten Schalter vor Ort mit CHF 29.4 Mio. ist. Beide Kosten liegen jedoch weit über den absoluten Transaktionskosten des E-Ticketing mit nur CHF 1.65 Mio. 2019 hat sich jedoch bereits eine grosse Veränderung ergeben: Die Transaktionskosten für die verschiedenen Arten des E-Ticketings haben sich innerhalb von drei Jahren fast verzehnfacht und betragen 2019 bereits CHF 15.1 Mio. In der gleichen Zeit sind die Kosten für den Vertriebskanal Ticketautomaten nur gering gestiegen und für den bedienten Verkauf vor Ort um etwas mehr als CHF 2 Mio. zurück gegangen.
Teilt man die totalen Vertriebskosten über alle Kanäle mit der totalen Anzahl verkaufter Fahrausweise, so ergibt sich für den ZVV ein Durchschnittspreis von CHF 1.328 (im Jahr 2016) resp. CHF 1.299 (im Jahr 2019). Obwohl die Kosten für das E-Ticketing stark angestiegen sind, sanken die durchschnittlichen Kosten pro Fahrausweisverkauf daher um rund 2 %. Dies weil in der gleichen Zeit auch die Zahl verkaufter Fahrausweise stark zugelegt hat und der E-Ticket-Verkaufskanal trotz deutlichem Anstieg des Aufwands auch 2019 die geringsten Kosten pro Fahrausweis aufweist.
Einnahmenvergleich ZVV/Z-Pass-Tickets und Direkter Verkehr/GA/HT
In den Strategieberichten und Geschäftsberichten weist der ZVV jeweils auch aus, wie hoch die Einnahmen aus dem Verkauf von ZVV und Z-Pass spezifischen Fahrausweisen und wie hoch die Erlöse aus dem Direkten Verkehr und dem Fahrkartensortiment des Generalabonnement- und Halbtaxtarifs sind. Der Anteil des Direkten Verkehrs und der GA- und Halbtax-Erlöse an den gesamten Einnahmen ist dabei vergleichsweise konstant. Von 2007 bis 2011 lag er zwischen 11.4 und 11.9 % und von 2012-2019 zwischen 9.5 und 10.6 %. 2020 ist der Anteil auf über 12 % angestiegen. Dies dürfte jedoch ein Sondereffekt sein, da der Rückgang aufgrund der Corona-Pandemie bei GA- und Halbtax anders verläuft, als bei den kurzfristigen Angeboten. Dies legen auch die Ergebnisse für 2022 und 2023 nahe, wo die Werte wieder bei 10.3 % - 10.7 % liegen. 2023 übertrafen sowohl die Einnahmen aus Fahrausweisen ZVV und Z-Pass als auch aus dem Direkten Verkehr und GA/Halbtax die bisherigen Rekordwerte aus dem Jahr 2019 - wobei die Tariferhöhung per 10.12.2023 da schon einen gewissen Einfluss gehabt hat.
Originalartikel vom 12.08.2017 ergänzt am 29.07.2018 mit Zahlen aus dem Geschäftsbericht 2017, am 29.06.2019 mit Zahlen aus dem Geschäftsbericht 2018, am 28.06.2020 mit Zahlen aus dem Geschäftsbericht 2019, am 25.07.2021 mit Zahlen aus dem Geschäftsbericht 2020 und dem Strategiebericht 2024-2027, am 28.07.2021 mit dem Einnahmenvergleich ZVV/Z-Pass versus Direkter Verkehr/GA/HT, am 17.09.2022 mit Zahlen aus dem Geschäftsbericht 2021, am 18.06.2023 mit Zahlen aus dem Geschäftsbericht 2022, am 22.09.2024 mit Zahlen aus dem Geschäftsbericht 2023 und am 07.10.2024 mit der Graphik zur Anzahl verkaufter Fahrscheine pro einsteigender Person.